Gehtext vom 18. 12. 2013 Im 58er ist eine lustige amerikanische Familie, die das
Schloß Schönbrunn sucht und mich aufheitert an diesem grauen, kalten Tag.
Besonders der kleine Bub, der so herzlich lacht, dass mir ganz warm ums Herz
wird. Er diskutiert mit seiner Schwester: Sie will einen rabbit und er einen puppy dog,
den er ins Bett mitnehmen kann. Sie werden sich nicht einig, aber da ist das
Schloß schon und sie steigen aus. Ich fahre weiter und gehe zum Küniglberg, damit
sich mein Hund austoben kann. Dann weiter mit dem 60er bis zur Kaiser-Franz-Josef-Straße,
zum Ambrosweg, der zum Ententeich führt. Es ist eiskalt, alles ist angezuckert,
der Schnee schaut auch wirklich aus wie Zucker, weil er halb gefroren ist.
Diese Stelle ist deshalb sehr interessant, weil hier die
Dürre und die Reiche Liesing zusammenfließen. Die Dürre ist der kleine
Wasserfall, der aus dem Felsen kommt. Deutlich sichtbar. Die Dürre Liesing
heißt deshalb so, weil sie durch die Kalkzone fließt, also im Erdreich
versickert. Die Reiche Liesing fließt durch die Flyschzone, das heißt sie kann
schnell zu Hochwasser führen, weil der Boden das Wasser nicht aufnimmt. Für
Wanderer deutlich erkennbar als Gatsch, der einen im Frühjahr nach der
Schneeschmelze immer so erfreut. Gummistiefel anziehen und das Problem ist
gelöst. Es macht dann sogar Riesenspaß, durch den Dreck zu gehen.
Ich
überlege, ob wir nach rechts in Richtung Biotop oder nach links in Richtung
Zugberg gehen sollen. Beim Biotop gibt es Biber und Graureiher, beim Zugberg
Wald und eine Kletterwand und das Kollegium Kalksburg, wo André Heller
im Internat war und wenn wir noch weiter gingen, kämen wir zum Kalkwerk. Ich
entscheide mich für das Biotop, zum Zugberg gehen wir am Samstag. Nach ein paar
Schritten steht er vor mir: ein prachtvoller Graureiher in graublau, grau und
weiß. Durch das trübe Winterlicht sieht er aus wie Graf Robert de Montesquiou
auf dem Gemälde von Giovanni Baldini http://de.wikipedia.org/wiki/Robert_de_Montesquiou
Er
lässt sich photographieren, schaut in die Kamera und bewegt sich nicht. Ganz
offensichtlich friert er, außerdem schaut er traurig aus, aber vielleicht
projiziere ich das nur in ihn hinein an diesem traurigen Tag. Wir kommen zu den
Schnellbahnpfeilern, die Graffiti spiegeln sich im Wasser der Liesing. Das sehe
ich zum ersten Mal. So unbewegt ist das Wasser, es wird bald zufrieren. Weiter
zur Aumühlgasse, war hier einmal eine Mühle, eine Au? Wir müssen den Bach kurz
verlassen, weil der Weg aufhört, im Sommer könnten wir durch den Bach waten,
obwohl die Liesing an manchen Stellen ziemlich tief ist. Über einen Aufruf, der
am Zaun klebt, amüsiere ich mich: 200 € Finderlohn für den, der den Sprayer
ausfindig macht, der auf die Gartenmauer gesprayt hat! Liebe Sprayer, lasst
private Häuser in Ruhe! So, jetzt sind wir beim Riverside Komplex angelangt,
einem Wohngebäude mit Einkaufszentrum in Form eines Luftschiffs, das die
Liesinger Brauerei ersetzt. Zur Erinnerung an die Brauerei gibt es eine
Gedenktafel auf der Brücke über die Liesing. Ich weine ein bisschen um die
Brauerei, weil mir so kalt ist, will ins Einkaufzentrum, um mich zu wärmen,
aber auf dem Weg verirre ich mich wieder einmal und stehe im Hinterhof des
Gebäudes. Es scheint mitten in den Wald hineingebaut worden zu sein, denn da
stehen noch ein paar einsame Bäume auf einem kahlen Hügel. Der Aquädukt, den
wir schon bei der Aumühlgasse gesehen haben, geht hier weiter. Er leitet das
berühmte Hochquellwasser aus dem steirischen Gebirge in die Stadt Wien, früher
direkt in den Speicher vor meiner Tür beim Meiselmarkt, wohin jetzt, weiß ich
aber nicht. Ich muss dem nachgehen….Wir gehen aber so und so in die andere
Richtung, unter der Schnellbahn durch und schon sind wieder beim Bachufer. Ich
komme an einem Autofriedhof vorbei, HACH! Dann ein großer, mächtiger
Wasserfall, groß für die Verhältnisse der eher schmalen Liesing. Ein junger
Mann hat Brot in den Bach geworfen, das Brot schwimmt sehr schnell zum Wasserfall,
stürzt sich das Gefälle hinunter und unten wartet schon ein Entenschwarm auf
sein Futter.
Die Liesing verschwindet jetzt unter einer Brücke, deshalb
gehen wir durch den Park hinter dem Wohnhaus und stehen bei einer Kreuzung. Das
ist die Brunner Straße. Seltsam, als ich beim Marchfeldkanal war, stand ich auf
der Brünner Straße. Lauter Brunnen, aber ganz andere Gegend. Gegenüber ist ein
Haus mit einem hübschen, noch erhaltenen Graffito, einer Wandzeichnung, die die
Schmiede der Anna Pittenauer von 1507 darstellt. Erstaunlich! An diesem Haus
vorbei nach links und schon sind wir wieder beim Bach. Bald sind wir bei den
Wohnsilos in Alt Erlaa, das alte zugewachsene Haus auf dem Weg fasziniert mich,
war das eine Fabrik? Vorbei an Eisenkunstwerken und Baumkunstwerken. Feli
trifft eine Spielgefährtin und saust mit ihr ein paar Runden. Da wird ihr
wenigstens nicht kalt. Wer jetzt Hunger hat, kann in die Patisserie Landtmann
oder ins Einkaufszentrum Alt Erlaa gehen, wir gehen weiter über die
Altmannsdorfer Straße. Wer jetzt nach links abböge, käme zum Schöpfwerk und dem
Parkplatz, auf dem der Film INDIEN anfängt, mein Lieblingsfilm, obwohl TRIEST
gute Chancen hätte, mein neuer Lieblingsfilm zu werden. Wir gehen durch ein
Tor, das zu Kleingärten führt, daran vorbei und da sind sie: Krähenschwärme.
Wir kommen schon wieder zu einer Autobahn, das muss die Triester Straße sein,
denn von ferne sind die Wienerbergtürme zu sehen. Über die Kreuzung, an der
Liesing entlang, wir stehen vor hohem Schilf. Das ist der Teich, ich gehe bis
zum Ende des Biotops, auf einem Häuschen steht: FROST. Wir sind wirklich schon
halb erfroren, ich muss noch auf die andere Seite, denn da habe ich im Sommer
einen großen Biber gesehen, aber heute sehe ich weder Biber noch Graureiher,
dafür ist der Teich halb zugefroren. Wir sind jetzt auch nicht mehr ganz fit,
gehen zurück zur Triester Straße, wo die Linie 66A hält, die uns zur
Schnellbahn in Atzgersdorf bringt. Dass ich dann 2 Stunden gebraucht habe, um
nach Hause zu fahren, weil der 10A nicht gekommen ist, ist eine andere
Geschichte. Die Liesing ist im Winter eher fad, aber dafür tröste ich mich
jetzt mit einem Video http://www.youtube.com/watch?v=d78iNNFHifY
vom Sommer, wo das Licht unter das Wasser scheint. Gute Nacht!
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